Prozessüberwachung an der Schlüsselstelle

Hat eine effektive Prozessüberwachung der Minimalmengenschmierung in Werkzeugmaschinen eine Chance? Lässt sie sich dort überhaupt umsetzen? Rhysearch und Unilube beschäftigten sich mit diesen Fragen in einer Machbarkeitsstudie zur Prozessüberwachung.

Der aktuelle Stand der Technik erlaubt derzeit nur die Überwachung des MinimalSchmierSystems (vgl. hierzu Blog: „Prozessüberwachung von Minimalmengenschmierung“). Damit kann zwar dessen (korrekte) Funktion beobachtet werden, nicht aber der Mikroschmierfilm.  Ein Mikroschmierfilm wirkt jedoch genau dort, wo die Zerspanung stattfindet – nämlich zwischen Werkstück und Werkzeugschneide. Daher sind exakte Kenntnisse darüber, was an dieser Stelle real passiert, von zentraler Bedeutung für die Kosten- und Prozessoptimierung in der Fertigung.

Was wurde getestet?

Die Testreihe startete mit Versuchen unter dem Mikroskop. Dabei wurden mehrere mit Fluoreszenzmarker versetzte Hochleistungsschmierstoffe mit einer genau vorgegebenen Schichtdicke durch Licht mit einer bestimmen Wellenlänge angeregt. Dies war notwendig, um die Lichtemission des Schmierstoffes messen zu können. Das Gleiche wurde auch mit natürlich fluoreszierendem Öl durchgeführt.

Das unerwartete Ergebnis: Die quantitative Bestimmung, d. h. die Messung der Schichtdicke des Mikroschmierfilms zu einem bestimmten Zeitpunkt, gestaltete sich schwieriger als gedacht. Einfacher war es herauszufinden, ab wann die Oberfläche langsam beginnt abzutrocknen.

Daraus ergab sich die interessante Frage, welcher Weg in der Praxis wohl geeigneter für die Prozessüberwachung ist. Ist es die aufwendigere Schichtdickenmessung mit hinzugefügtem Fluoreszenzmarker oder aber das einfacher realisierbare Überwachen des Trockenlaufs eines Fräsers mit natürlich fluoreszierenden Ölen?

Nach ersten Erkenntnissen ging das Ganze in einen makroskopischen und realitätsnahen Versuchsaufbau über. Hier wurden verschiedenste Lichtquellen mit unterschiedlichen Wellenlängen zur Anregung getestet. Dabei konnten wiederum Lichtemissionen mit unterschiedlicher Wellenlänge beobachtet werden. Da sich die Wellenlängen der Anregung und der Emission in Teilbereichen überschneiden, mussten geeignete Lichtfilter sowohl für die Lichtquelle als auch für die Kamera gesucht werden.

Das insgesamt positive Fazit: Natürliches Umgebungslicht beeinflusst zwar das Ergebnis, macht aber die Prozessüberwachung in der Produktion nicht unmöglich. Oder anders ausgedrückt: Das Abdunkeln einer Werkzeugmaschine ermöglicht eine feinere Prozessüberwachung, ist aber nicht zwingend erforderlich. So kann zum Beispiel eine LED-Lampe in einer Fräsmaschine für die gewohnte Beleuchtung sorgen, jedoch werden während der aktiven Fertigung andere Teilbereiche des LED-Lichtspektrums zur Anregung der Fluoreszenz genutzt.

Ein unmögliches Ansinnen? Im Gegenteil!

Am Anfang der Machbarkeitsstudie stand eine verrückte Idee. Mit unserer Versuchsreihe haben wir schliesslich alle wesentlichen Aspekte überprüft und können heute sagen: Aus rein technischer Sicht spricht nichts gegen eine Anwendung auf einer Werkzeugmaschine! Die Prozessüberwachung der Minimalmengenschmierung in Werkzeugmaschinen ist damit nicht grundsätzlich zum Scheitern verurteilt.

Vielmehr sind Prozessüberwachung und Regelkreis auf einer Werkzeugmaschine realisierbar, die die Fluoreszenz eines Schmierstoffes mit der Steuerung der Minimalmengenschmierung für eine bessere Zerspanung nutzt.

Gerade bei der Quasi-Trockenbearbeitung, wo zwar die Späne und Werkstückoberfläche trocken sind, jedoch die Werkzeugschneide beim Materialaustritt im Idealfall noch gerade nicht, befindet sich das optimale Prozessfester der Quasi-Trockenbearbeitung. Die Praxis zeigt allerdings, dass sich Anwender aus übertriebener Vorsicht schwertun, überhaupt in die Nähe dieses Optimums zu gehen. Daher denken wir, dass eine Prozessüberwachung dem Kunden durchaus eine grosse Hilfestellung sein könnte.

Zeigt drei Wendeplatten wovon zwei mit Schmierstoff benetzt sind. Ein Schmierstoff ist mit fluorsezierendem Marker versetzt. Der fluoreszierende Schmierstoff leuchtet grell auf und ist klar ersichtlich. Forschungsergebnis von Unilube in der Minimalmengenschmierung.
von Links nach rechts: Mit Schmierstoff benetzte Wendeplatte mit Fluoreszenzmarker, mit normalem Schmierstoff und eine trockene Wendeplatte

Morgen der Sprung in die Fertigungshalle?

Den Nutzen einer solchen Prozessüberwachung sehen wir nicht primär darin, unerfahrenen Anwendern der Minimalmengenschmierung ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Im Fokus steht hier in erster Linie die Fertigung von Grossserien. Gerade in der Automobilindustrie, wo ein enormer Kostendruck herrscht, kann unsere innovative Prozessüberwachung einen grossen Mehrwert generieren. Bereits heute nutzt diese höchst produktive und kompetitive Industrie das enorme Sparpotenzial der Minimalmengenschmierung zur Senkung der Produktionskosten.

Unsere Schlussfolgerung aus den Erfahrungen und Fortschritten der Testserie: Eine Prozessüberwachung mit fluoreszierenden Schmierstoffen ist machbar und hat Potenzial. Weite Teile der Grundlagenforschung sind nun geleistet, und die Prozessüberwachung unter aufwendigen Laborbedingungen funktioniert. Der nächste grosse Schritt ist die Entwicklung einer wirtschaftlich vernünftigen Lösung für die Anwendung auf einer Werkzeugmaschine. Der Ball liegt nun bei den Kunden und ihren eigenen Kosten-Nutzen-Überlegungen.

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Gerne stehen Ihnen die Ansprechpartner zu diesem Projekt von Unilube AG und Rhysearch für weitere Fragen zur Verfügung.

 

Herr Dr. Raoul Roth                                       Herr Jonas Hügli
Projektleiter / Rhysearch                             Projektleiter / Unilube AG

T +41 81 755 49 58                                          T +41 71 672 65 22
raoul.roth@rhysearch.ch                               info@unilube.ch

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